Judith Schoßböck
Judith Schoßböck ist eine Ex-Wissenschaftlerin und Neo-Künstlerin mit schwerem ME/CFS, schwerem MCAS, Liquorverlustsyndrom und weiteren Krankheiten. Sie zeichnet und malt liegend aus ihrem Bett. Kreativität ist für sie eine hilfreiche Strategie und Passion im täglichen Überlebenskampf, aber auch eine mögliche Form der Kommunikation mit der Außenwelt, wenn andere Optionen eingeschränkt sind. Zusammen mit ihrem Partner Matthias Mollner ist sie Mitbegründerin des Black Ferk Studios, das mit den Mitteln der Kunst mehr Bewusstsein für gesellschaftlich vernachlässigte Themen und Gruppen sowie komplexe Krankheiten schaffen möchte.
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The Light and the Dark
Mini-Polaroids auf Papier
2023
„Denn die einen sind im Dunkeln. Und die anderen sind im Licht. Und man sieht nur die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“
(Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper)
ME/CFS ist häufig unsichtbar, aber meist sehr wahrnehmbar für alle, die jemanden damit lieben. Die dunkleren Zeiten bleiben zumeist für die Gesellschaft verborgen, sei es aus Scham, Rückzug der Betroffenen aus sozialen Kontexten, oder weil Leidende häufig zu schwach sind, diese Momente zu dokumentieren, oder sie überhaupt auszudrücken. Denn sogar starke Emotionen können zu einer Zustandsverschlechterung führen. Diese Arbeit versteht sich als Versuch, trotz prekärer Existenz in einem Körper- und Gehirngefängnis an jener Freiheit festzuhalten, die bleibt: die der Wahl dessen, was sichtbar sein soll.
In „The Light and the Dark“ dokumentiert Judith Schoßböck ihre „Crashes“ und guten Zeiten mit einem Mini-Polaroid-Drucker. Die meisten Fotos wurden für den Druck aufgehellt. Die beigefügten Rahmen und Zeichen unterstreichen das Gefühl eines Moments, aber verstehen sich auch als ironische Referenz auf eine Situation, in der Emoticons oft das Einzige sind was zu sagen bleibt. Als kleine visuelle Narrative stehen die Polaroids auch für eine Befreiung vom Zwang, sich immer im besten Licht zu zeigen.
Zeichnungen
Installationsansicht Künstlerhaus Factory
„Neben der Zeit in ungewöhnlichen Gefängnissen, Phasen der Folter und einer erzwungenen roboterartigen Existenz gibt es auch die endlose Suche nach Ideen, und den Pfad, den wir gemeinsam mit anderen kranken Freund*innen beschreiten. Während wir durch Schmerz und Leid verbunden sind, besitzen wir vielleicht nicht dieselbe Menge dieser Nägel, Wunden oder Spuren, oder sind sogar ganz verschiedene Tiere. Wir teilen aber Licht und Dunkelheit, das Traurige und Lustige, das Verrückte und Rationale, das Brutale und Sanfte, das Schockierende und Beruhigende, und wissen: diese liegen oft nahe beisammen.“
Bionic Pigs, Or: My Coffin Nail Is Your Coffin Nail
Marker und Farbstifte auf Papier
2022
Robot Pigeon, Or: Do Androids Dream of Electric Peace Doves?
Marker und Farbstifte auf Papier
2022
Harakiri Robot II
Marker und Farbstifte auf Papier
2022
ME/CFS Broke My Body, the Indifference of the World Broke My Heart. (Christina Baltais)
Ölpastell, Acryl, Glitter und Wackelaugen auf Papier
2023
Brain Brew Minnie
Ölpastell, Acryl und Glitter auf Papier
2023
Sorry to Bother
Ölpastell und Acryl auf Papier
2023
Froscholi
Ölpastell, Acryl, Glitter und Wackelaugen auf Papier
2023
Lullaby II
Alkoholmarker, Acrylmarker, Fineliner und Farbstifte auf Papier
2022
Fragile Dreams
Wasserfarben und Marker auf Papier
2023
Schrödinger‘s Cat Content II, Or: Apothecat
Alkoholmarker, Acrylmarker, Fineliner und Farbstifte auf Papier
2022
Where is my mind?
Verschluckt von einem
Gehirnentzündungs-Drachen
jeden Tag 5–20 Mal
Bis nach langem Ringen
(besser gesagt des Nicht-Ringens)
der langen Stille oder Schreie
und unendlichen Stunden
die Kaugummi-artiger
nicht mehr sein könnten
Endlich mein Selbst ein
kleines bisschen um die Ecke
blicken darf
Da ist es wieder
Mit den neugierigen Augen
Die niemals aufhören zu fragen
Wenn man sie lässt
Du sagst mein Gehirn ist verstopft
Ich brauche über-dringend eine Klempner
Einen beinharten Werner
für meine Synapsen
Der die Neurodegeneration
und Inflammation
irgendwie aufzuhalten vermag
Wir wünschen alle
Es wäre so einfach.
Survivalist
Ölpastell, Acryl und Glitter auf Papier
2023
Gloworganic
Acryl Gouache auf Leinwand
2022
Zeichnungen
Installationsansicht Künstlerhaus Factory
What about Hope
Wasserfarben und Tusche auf Papier
2022
Raven
Fineliner und Marker auf Papier
2021
Army of Formication
Pastell auf Papier
2021
Queen of Hearts
Wasserfarben auf Papier
2022
Something Is Swimming Along
Wasserfarben und Tusche auf Papier
2022
Me, Every Night and Sometimes also During the Day, Being Dipped into the Pot of Misfiring Nerves that Burn Burn Burn
Farbstifte auf Papier
2021
In the Shadowlands
Ölpastell, Acryl und Glitter auf Papier
2023
Funny
It’s funny
How we are more afraid
Of someone’s death
Than their suffering
Maybe because the novelty of the dying
Is harder to suppress?
Maybe because one is so definite
With no change for good
Even though it could also mean that
Things would have changed
For the better
We find this so easy with animals
Maybe because the part of ourselves
That only they knew
Is easier to digest
More vague
And yet it’s okay
To wish a long life
To a lover of it
So human of us to cultivate
Our healthy egoism
To hold on to that only part about ourselves
That is hidden in the brain
Of one specific person
And we don’t want it to die
Even though it is deadly
Like many things in life
(This deadly disease for everyone)
Heart on a Sleeve
Gouache auf Papier
2022
Staying Zen
Marker, Fineliner und Farbstifte auf Papier
2022
Self Portrait with Puncture
Acryl Gouache auf Papier
2022
Sumpfcharaktere (Bog Characters)
2021–2023
Schwere Krankheiten, insbesondere am zentralen Nervensystem, verändern den Kern unserer Existenz und beeinträchtigen Gehirn und Körper auf eine für viele schwer vorstellbare Weise. Um diese Transformation zu verarbeiten, aber auch zu kommunizieren, begann Judith Schoßböck 2021 mit dem Zeichnen im Bett.
„Es hätte sich äußerst seltsam angefühlt, mich selbst oder meine bildlichen Gefühle als klassisches menschliches Wesen darzustellen. Also habe ich eine Frosch- oder Sumpfkreatur mit einem offenen, brennenden Kopf, grüner Haut und Löchern erfunden, weil ich mich nicht mehr mit normaler Hautfarbe und Figuren identifizieren konnte. Die roten Haare, die aus dem Gehirn kommen, sind ähnlich wie Nerven, die in viele Richtungen schmerzhaft gezogen werden.“
Später wurde diese Figur zu einem detaillierteren Charakter, der als Variation mit anderen Akzenten in verschiedenen Arbeiten von Judith Schoßböck wiederkehrt.
Selbstporträt, oder ich verwandle mich in eine Weinlaus
Pastell und Marker auf Papier
2021
Loop
Fineliner und Marker auf Papier
2021
A Dark Ride
Fineliner und Marker auf Papier
2021
Lumbar Shrimp
Acryl auf Papier
2022
Blooming State of Emergency
Acryl auf Papier
2022
High Pressure
Acryl auf Papier
2022
Relax
Pastell auf Papier
2021
The Medical Anthropocene
Fineliner und Marker auf Papier
2021
Easter Spirit
Alkoholmarker, Acrylmarker, Fineliner und Farbstifte auf Papier
2023
When Life Gives You Lemons
Pastellstifte auf Karton
2022